Dr. Robert Jonischkeit, Superintendent der evangelischen Diözese Burgenland

Denn auf den Tag folgt die Nacht, doch über die Weisheit siegt keine Schlechtigkeit.
(Weisheit 7, 30)

Eigentlich mag ich die Nacht. Wenn langsam die Hektik des Tages nachlässt und nach und nach auch die Lichter in den Geschäften und Häusern erlöschen. Ist es dann ganz finster geworden, offenbart sich an Orten, an denen es nur eine geringe oder keine Lichtverschmutzung gibt, ein beeindruckender Sternenhimmel. Es ist die Zeit, in der es auch bei uns zu Hause ruhig und still wird. Frau und Kinder sind im Bett, ich sitze meist bei einer Tasse Kaffee im Büro und erledige die letzten Arbeiten des Tages. Oft schreibe ich noch an einem Artikel oder lese noch, manchmal bis zwei Uhr morgens. Eigentlich mag ich die Nacht. So auch die Lange Nacht der Kirchen.

Das Buch der Weisheit meint mit Nacht aber natürlich etwas ganz anderes. Wenn der Verfasser schreibt, dass auf den Tag die Nacht folgt, dann heißt das nichts Gutes. Die Nacht ist für ihn eine gefährliche Zeit. Die Dunkelheit steht für das Bedrohliche, das Unheil, ist angsteinflößend und verhängnisvoll. In diesem Sinn sind auch wir von der Nacht umgeben. Der Krieg in der Ukraine, die globale und auch atomare Aufrüstung, Teuerungen und Inflation … all das scheint kein Ende zu nehmen und holt uns immer wieder ein. Fast wie das Naturgesetz, dass auf den Tag die Nacht folgt.

Aber was uns auch bedrohen mag, alle Schlechtigkeit und Bosheit dieser Welt, nichts davon wäre in der Lage, die Weisheit zu besiegen. Weisheit ist ein Wort, das fast schon in Vergessenheit geraten ist. Es hat nichts mit Intelligenz zu tun. Und noch viel weniger mit Bildung. Weise zu sein heißt, sich von seinen Sorgen und Ängsten nicht überwältigen zu lassen und mit Vernunft, Verstand und Gottvertrauen an sein Tagwerk zu gehen. So wie es der US-amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr in seinem so genannten „Gelassenheitsgebet“ zum Ausdruck gebracht hat: „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Ihr Robert Jonischkeit, Superintendent

 

 

 

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Dr. Robert Jonischkeit, Superintendent der evangelischen Diözese Burgenland

Denn auf den Tag folgt die Nacht, doch über die Weisheit siegt keine Schlechtigkeit.
(Weisheit 7, 30)

Eigentlich mag ich die Nacht. Wenn langsam die Hektik des Tages nachlässt und nach und nach auch die Lichter in den Geschäften und Häusern erlöschen. Ist es dann ganz finster geworden, offenbart sich an Orten, an denen es nur eine geringe oder keine Lichtverschmutzung gibt, ein beeindruckender Sternenhimmel. Es ist die Zeit, in der es auch bei uns zu Hause ruhig und still wird. Frau und Kinder sind im Bett, ich sitze meist bei einer Tasse Kaffee im Büro und erledige die letzten Arbeiten des Tages. Oft schreibe ich noch an einem Artikel oder lese noch, manchmal bis zwei Uhr morgens. Eigentlich mag ich die Nacht. So auch die Lange Nacht der Kirchen.

Das Buch der Weisheit meint mit Nacht aber natürlich etwas ganz anderes. Wenn der Verfasser schreibt, dass auf den Tag die Nacht folgt, dann heißt das nichts Gutes. Die Nacht ist für ihn eine gefährliche Zeit. Die Dunkelheit steht für das Bedrohliche, das Unheil, ist angsteinflößend und verhängnisvoll. In diesem Sinn sind auch wir von der Nacht umgeben. Der Krieg in der Ukraine, die globale und auch atomare Aufrüstung, Teuerungen und Inflation … all das scheint kein Ende zu nehmen und holt uns immer wieder ein. Fast wie das Naturgesetz, dass auf den Tag die Nacht folgt.

Aber was uns auch bedrohen mag, alle Schlechtigkeit und Bosheit dieser Welt, nichts davon wäre in der Lage, die Weisheit zu besiegen. Weisheit ist ein Wort, das fast schon in Vergessenheit geraten ist. Es hat nichts mit Intelligenz zu tun. Und noch viel weniger mit Bildung. Weise zu sein heißt, sich von seinen Sorgen und Ängsten nicht überwältigen zu lassen und mit Vernunft, Verstand und Gottvertrauen an sein Tagwerk zu gehen. So wie es der US-amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr in seinem so genannten „Gelassenheitsgebet“ zum Ausdruck gebracht hat: „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Ihr Robert Jonischkeit, Superintendent

 

 

 

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